Dienstag, 21. Mai 2013

Ruhe in Frieden, alter Seebär


Mein Onkel Sjoerd war ein Mann mit viel Energie und noch mehr Talenten, Aufgaben und Ämtern: Als gelernter Zahnarzt hatte er seine eigene Praxis in der niederländischen Provinzstadt Goes, und zwar im gleichen Gebäude, in dem er auch mit seiner Frau Greet und den beiden Kindern Jorrit und Femke wohnte. Von klein auf ein begeisterter Segler, präsidierte er zudem lange den örtlichen Yachtclub. Dennoch war er ein bodenständiger Typ und kein mehrbesserer Yachteigner. Ich kann mich zumindest nicht erinnern, ihn je in einem Anzug gesehen zu haben.



Und dann war da noch seine musikalische Spezialität, die ausserhalb des flämischen Sprachraums sehr exotisch ist: Er war ein "Beiaardier", so etwas wie ein Pianist mit Ganzkörper-Einsatz. Oben auf den Türmen von Kirchen und Rathäusern brachte er mit Hilfe komplexer Mechanik das Glockenspiel zum Klingen, in den Niederlanden "carillon" genannt. Mal war es Klassik, mal ein Beatles-Song. Als Kinder durften wir am Markttag in Goes jeweils mit auf den Turm der Grote Kerk von Goes, um die Aussicht zu geniessen und ihm beim Spielen zuzuschauen.


Heute erreicht mich die traurige Meldung, dass der Beiaardier, dass Oom Sjoerd für immer verstummt ist. Das ist kaum zu fassen. Möge er seinen Frieden finden, meine Gedanken sind bei Greet, Jorrit und Femke, die mit diesem Schicksalsschlag fertig werden müssen.

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