Samstag, 19. Februar 2011

Ain’t smellin’ like teen spirit

Man schrieb das Jahr 1990. Die Mauer war weg, der Ostblock implodiert. Und von Seattle aus schwappte die Grunge-Welle über die Welt. Eins der bemerkenswertesten, wenn auch leider kurzlebigsten Band-Projekte jener Zeit war «Temple of the Dog» - und deren CD ist heute noch hörenswert.

Unter den Grunge-Anhängern kam es anfangs der 90er Jahre, als Nirvana’s «Smells like teen spirit» von MTV in die Endlos-Schlaufe geschickt wurde, schnell zur Fraktionenbildung: Die einen vergötterten Kurt Cobain und Nirvana. Anderen war der Kerl einfach zu wehleidig, selbstzerstörerisch und wirr drauf. Die standen dann wieder eher auf Soundgarden oder Pearl Jam - so auch ich. Und wem das alles zu soft und zu wenig nah am Metal war, zog sich Alice in Chains oder die Stone Temple Pilots rein.


Robin Hood, vertont: «I don't mind stealing bread from the mouth of decadence...»

Für nicht einmal ein Jahr, eben genau jenem Jahr 1990, in dem alles möglich und nichts zu müssen schien, schlossen sich mit Soundgarden und Pearl Jam zwei Grunge-Giganten zum Projekt «Temple of the Dog» zusammen, angereichtert mit weiteren Akteuren von der Band Mother Love Bone, deren Sänger eben erst an einer Überdosis Heroin krepiert war. Wegen der grossen Egos, die mit an Bord waren, überstand Temple of the Dog nicht mal ein Jahr und ein ganzes Konzert – das war’s. Ein kurzes Aufglühen, einer Sternschnuppe gleich. Ein Flackern in der Musikgeschichte. Die besten Momente sind nun einmal nicht für die Ewigkeit gedacht.

Das bleibende Resultat der kurzen Kooperation war eine CD gleichen Namens, die 1991 erschien (und bei cede.ch für lumpige 16.90 zu haben ist, im Fall!). Voller Songs, die mal energetisch waren wie «Pushing Forward Back» oder «Your Saviour» , mal verstörend schön und melancholisch wie «Hunger Strike», «Call me a Dog» oder «Times of Trouble». Und mal schwer nachdenklich, wie im für 1990 geradezu visionär gegen die globalisierte Wirtschaft und die vermeintliche Käuflichkeit des Seelenheils (die fleissig Kohle sammelnden Fernseh-Prediger grüssen mit einem Hallelujah...) gerichteten Song «Wooden Jesus».


Kurzum: Eine CD, die in jede wohl sortierte, in Richtung Rock offene Musiksammlung gehört – und die trotzdem damals unterm Radar vieler Fans blieb. Und eine CD, in die ich von Zeit zu Zeit gerne wieder rein höre. Nicht, um in Erinnerung an jene Jahre zu schwelgen. Sondern weil Chris Cornell’s Stimme in Kombination mit Eddie Vedder und den Musikern von Pearl Jam und Mother Love Bone einfach grosse Klasse ist, wie auch die Texte.

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