Montag, 2. November 2009

Von Furien und austeilenden Mimosen

Eigentlich bin ich ein Fussball-Muffel – wenn, dann schau ich mir Champagner-Fussball von Teams wie Barcelona oder Arsenal an, aber nicht den Profi-Dilettantismus der Super League. Ein Vorfall vom vergangenen Wochenende ist aber dennoch einen kurzen Kommentar wert.


Im Grunde ist Fussball eine treffliche Metapher fürs reale Leben: Weil sich 22 erwachsene Menschen nicht über einen Modus einigen können, wer den Ball wie lange haben darf, wird gegrätscht, getreten, gezerrt und gespuckt. Und nicht zu vergessen: Lamentiert und simuliert. Angesichts des vorgelebten Verhaltens auf dem Platz sollte man sich denn auch nicht wirklich über das Fehlverhalten mancher Fans im und vor dem Stadion wundern.

Am vergangenen Samstag traf wieder einmal der FC Basel auf einen Zürcher Club – eine Affiche, die bisher meist zu Ausschreitungen zwischen den Anhängern der Vereine führte. Diesmal beschränkten sich die Aktionen, die man so lieber nicht sieht, auf den Platz: Denn insgesamt sahen drei Spieler zu recht die rote Karte. Und einer kam zu Unrecht davon. Dabei liess er sich das zu Schulden kommen, was in meinen Augen absolut inakzeptabel ist: Zuerst derbe austeilen, dann die Mimose heraus hängen, das ist voll der Totti-Style und charakterlich unterste Schublade.

Worum geht es? In der 59. Minute, nur zwei Minuten nach einem Platzverweis gegen GC, blieb Gonzalo Zarate nach einem Lauf am linken Flügel hängen – und grätschte dem Basler Verteidiger David Abraham beim Versuch, den bereits verlorenen Ball zurück zu erobern, voll in die Beine. Dabei traf Zarate mit voller Wucht und leider wohl auch nicht ohne Absicht das bereits verletzte Fussgelenk Abrahams (die fragliche Szene spielt sich im eingebetteten Clip von 3min50 bis 4min38 ab, die Bilder stammen von SF).

David Abraham, der nur dank schmerzstillenden Mitteln überhaupt spielen konnte, ging zuerst zu Boden, rappelte sich dann aber auf und rannte wutentbrannt auf Gonzalo Zarate zu - der Schiedrichter hatte Zarate's fiesen Tritt bemerkenswerterweise nicht als Foul abgepfiffen. Mit ausgestreckten Armen rempelte Abraham Zarate, der prompt wie vom Blitz getroffen zu Boden ging und sich auf selbigem wälzte. Laut den einen Zeitungen habe Abraham den Zarate «niedergeschlagen», laut dem Tages-Anzeiger habe «die Furie von St. Jakob-Park Zarate den Ellbogen ins Gesicht gerammt». Die Sicht des FCB-Vizepräsidenten Bernhard Heusler, wonach Abraham nicht geschlagen habe, hat dieser nicht «ziemlich exklusiv», da geh ich mit Heusler einig - es sei denn, Schubsen und Schlagen seien identisch. Oder gar ein «Ellbogen ins Gesicht rammen», wie durch die Zürcher Brille der Tagi-Fussballreporter.

Wer sich die Mühe macht, die Bilder genau zu studieren, der kommt zum Schluss: Klar hat Abraham unbeherrscht reagiert, und die rote Karte ging auch schon für seinen Rempler in Ordnung. Aber weder hat er den Simulanten und Treter Zarate niedergeschlagen, noch hat er ihm den Ellbogen ins Gesicht gerammt: Was Zarate da trifft, ist weder Faust noch Ellbogen, es ist die Armbeuge von Abraham. Und die muss offensichtlich ungemein hart sein, dass sich der Zarate danach wie ein Schwerstverwundeter am Boden wälzt.

Für mich steht fest: Zarate hätte mindestens Gelb verdient für sein missratenes Tackling gegen Abraham, und nochmals Gelb für sein mimosenhaftes Simulieren, nachdem er Momente zuvor noch den rücksichtslosen Holzfäller gemimt hatte. Es ist zu hoffen, dass Zarate für diese Aktion noch von der Disziplinarkommission der Liga zur Verantwortung gezogen wird – und dass diese Aktion auch bei der Bemessung der Sanktion gegen David Abraham nicht vergessen geht,

FAZIT: Die hochbezahlten Herren Fussballer haben wieder einmal gezeigt, dass sie nicht als Vorbilder taugen. Weder der unbeherrscht reagierende Abraham noch der zuerst fies reintretende und danach feige simulierende Zarate.

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