Dienstag, 22. September 2009

Wiener Blut: Nichts kommt zur Ruhe

Neuste Erkenntnisse aus Österreich zeigen: Der Dopingfall rund um die Wiener Klinik HumanPlasma, auch in diesem Blog bereits mehrfach ein Thema, hat internationale Dimensionen. Und ist noch lange nicht ausgestanden.

Gross war die Empörung, als Hajo Seppelt im Zuge der Humanplasma-Affäre auch Athletinnen und Athleten des Deutschen Skiverbandes der Blutauffrischung an der Donau bezichtigte. Der DSV liess seine Athleten eidesstattliche Erklärungen unterschreiben, dass sie nie im Leben gedopt hättem, Michael Antwerpes entschuldigte sich in einem denk- bis unwürdigen Kniefall und vor laufender Kamera für die journalistische Fehlleistung seines Kollegen Seppelt. Und der DSV zog Hajo Seppelt wegen Verleumdung vor Gericht. Die denkwürdigen Ereignisse ausm Januar 2008 waren auch auf diesem Blog ein Thema, weil sie grundsätzliche Fragen zur Kooperation von Medien- und Sport-Organisationen aufwarfen - und zum Selbstverständnis von Journalisten, insbesondere der Herren Antwerpes und Seppelt.


Nun, die Klage des DSV gegen Seppelt wurde bereits im vergangenen Oktober abgeschmettert, was für sich schon sehr erfreulich ist. Auch Jens Weinreichs Kommentar zum Entscheid des Oberlandesgerichts Hamburg ist unbedingt lesenswert - zumal Weinreich auch den kompletten Entscheid im Wortlaut als Scan auf seinem Blog veröffentlicht. Aber es wird noch viel lustiger:, denn neuste Erkenntnisse der Soko Doping in Österreich lassen die vollen Dimensionen des Doping-Netzwerkes erahnen: Über 180 Sportler sollen hier von 2002 bis 2006 ihr Blut regelmässig aufgefrischt haben. Nachdem die österreichischen Biathleten am Rande der Olympischen Spiele von Turin bei der Panscherei erwischt worden waren, kamen die Aktivitäten der HumanPlasma AG zu einem abrupten Ende. Zumindest vordergründig.

Dank den Herren Kohl und Matschiner weiss man inzwischen, dass ein nicht eben günstiges Gerät zur Aufbereitung von Blutkonserven im Frühjahr 2006 von Humanplasma an Herrn Matschiner veräussert worden war. Es handelt sich dabei um ein ACP-215 der Firma Haemonetics. Auch dieses Gerät war auf diesem Blog schon vor geraumer Zeit ein Thema – und spielt auch in der Humanplasma-Affäre eine zentrale Rolle.

Der wahre Aufsteller ist aber, wie die zuständige Staatsanwaltschaft in Wien die Causa Humanplasma aufarbeitet: Weil Doping in Österreich erst per 1. August 2008 per Gesetzesnovellierung zu einem Straftatbestand wurde, lassen sich weiter zurück liegende Fälle nicht gestützt auf das neue Gesetz verfolgen – nulla poena sine lege, wie schon die alten Römer sagten. Dafür geht die Staatsanwaltschaft vollkommen zu Recht davon aus, dass die äusserst lukrativen Behandlungen von fast zweihundert Sportlern seinerzeit nicht korrekt dem Fiskus gemeldet worden sein dürften. Und setzt nun entsprechend den Hebel an.

Auch im Fall des unsäglichen Eufemiano Fuentes habe ich bereits vor langem vorgeschlagen, diesem Herrn wegen Steuerhinterziehung den Prozess zu machen. Denn wenn in Wien schon steuertechnisch schwarz gedopt wurde, braucht man sich für Madrid keine Illusionen zu machen. Die Chancen, dass Fuentes’ Steuererklärungen jeweils korrekt waren, dürften gegen Null gehen.

Der Tag, an dem wieder Sportler und nicht Mediziner über den Ausgang der Wettkämpfe entscheiden, wird der Tag sein, an dem der Sport als solcher gewinnt.

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